Weihnachtsbräuche in Bayern
Wo Weihnachten in Deutschland am urigsten ist? Wahrscheinlich in Bayern. Insbesondere im bayerischen Oberland sind viele der alten Traditionen wie die Kramperl, Raunächte oder der heilige Nikolaus noch lebendig. Und das ist gut so.
Der Barbaratag
Der 4. Dezember ist der Gedenktag der heiligen Barbara. Es ist Brauch an diesem Tage nahe der längsten Nacht des Jahres, den Frühling zu beschwören. Nach alter christlicher Tradition werden an diesem Tag Obstbaumzweige, beispielsweise von Kirsche, Apfel oder Schlehe, abgeschnitten und einen Tag lang in einen ungeheizten Raum gestellt. Am darauffolgenden Tag werden die Zweige in ein warmes Zimmer gestellt, täglich frisch gewässert und geschnitten. Am Heiligabend ist es dann so weit: Die Barbarazweige blühen auf! Zumindest sollten sie das. Den Zweigen wird übrigens auch eine hellseherische Wirkung zugeschrieben. Sollten Apfel- oder Pflaumenzweige in voller Blüte stehen, wird es eine gute Obsternte geben. Die Haselnuss kann Glück und Reichtum bedeuten. Heiratslustige junge Mädchen stellen genau drei Zweige auf: einen für die Jugend, einen für die Schönheit und einen für Reichtum. Je nachdem, welcher Zweig zuerst aufblüht, wird der Bräutigam jung, schön oder reich sein.
Raunächte
Vom 25. Dezember bis 6. Januar findet ein weiteres uraltes weihnachtliches Ritual in der Alpenregion statt: das Räuchern. Dabei wird aromatischer Rauch von Harzen und Kräutern von Raum zu Raum getragen. Das Haus und der Stall werden in den zwölf Nächten zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag dieser Reinigungsräucherung unterzogen. Weihrauch, Salbei oder Wacholder ziehen dann durch die Räume und befreien diese vom Ballast des vergangenen Jahres. In manchen alpinen Gegenden ist der Glaube verbreitet, dass in den Raunächten die Tiere im Stall die menschliche Sprache sprechen und von der Zukunft berichten. Außerdem gelten die Raunächte in bestimmten Regionen als gefährlich, sodass sie in früherer Zeit nur mit Beten und Fasten begangen wurden.
Krampus
Wem der Knecht Ruprecht schon Angst einjagt, der sollte sich am 5. Dezember vom Krampuslaufen fernhalten. In vielen Dörfern und Städten im südlichen Bayern und der Oberpfalz gibt es auch heute noch Krampusumzüge, bei denen die Schreckgestalten unter dem lautem Lärm ihrer Glocken durch die Straßen ziehen, um Passanten zu erschrecken. Richtig schmerzhaft wird es, wenn der eine oder andere Krampus Gebrauch von seiner langen Rute macht. Noch heute ist es unter dem mutigen Nachwuchs Brauch, den Rußgesichtigen entgegenzutreten und dabei geschickt der „Abreibung“ auszuweichen.
Anklöpfeln
Ebenfalls in die Zeit um den Nikolaustag fällt der Adventsbrauch des Anklöpfelns in der Alpenregion. Früher klopften arme Leute an die Türen der Mitbewohner des Dorfes, um Essen für die Festtage zu erbitten. Dafür trugen sie weihnachtliche Weisen und Gedichte vor. Der Brauch symbolisiert die Herbergssuche von Maria und Josef. Heute sind es vor allem Kinder, die von Haus zu Haus ziehen und gegen Süßigkeiten ihre Klöpfellieder singen.
Mariä Lichtmess
Am 2. Februar ist Weihnachten für die meisten längst vergessen. Nicht so für diejenigen, die dieses Datum als symbolisches sowie traditionelles Ende der Weihnachtszeit betrachten und gleichzeitig als Beginn des Bauernjahres. In dieser Zeit werden die Tage wieder merkbar länger und die Feldarbeit konnte früher wieder aufgenommen werden. Ein bekannter Spruch in der Alpenregion besagt: „An Weihnachten um einen Hahnentritt, an Neujahr um einen Männerschritt, an Dreikönig um einen Hirschensprung und an Lichtmess um eine ganze Stund!“